CFP: Wissenschaft und Aktivismus - Lueneburg 09/2024
Jahrestagung der GWMT 2024 in Lüneburg
Wissenschaft und Aktivismus: Historische Perspektiven und methodologische Herausforderungen der Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte
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Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik (GWMT), 21335 Lüneburg (Deutschland)
25.09.2024 - 27.09.2024
Bewerbungsschluss: 31.01.2024
Dass Wissenschaft, Medizin und Technik nicht isoliert von ihren kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Kontexten stehen, gehört zu den grundlegenden Einsichten der neueren Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte. Die Trias von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit wurde seit den 1970er Jahren insbesondere vor dem Hintergrund sozialer Bewegungen um „Aktivismus“ als weiteres Element ergänzt: Politische Praktiken, die auf gesellschaftliche Veränderung abzielten, gingen zunehmend mit der Forderung nach Anerkennung und Beteiligung neuer Akteur:innen und deren Wissensformen am hegemonialen wissenschaftlichen, medizinischen und technologischen Diskurs einher. Gleichzeitig ist gesellschaftspolitisches Engagement durch und in Wissenschaft, Medizin und Technik kein neues Phänomen, sondern quer durch die Geschichte hindurch belegt.
Die GWMT lädt dazu ein, während der Jahrestagung 2024 in Lüneburg das Verhältnis von Wissenschaft, Medizin, Technik und Aktivismus in seiner ganzen historischen Breite zu beleuchten und dabei auch das Verhältnis der Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte zu aktivistischen Forderungen und Praktiken zu diskutieren.
Zu diesem Zweck muss zunächst eine grundsätzliche Klärung zentraler Begriffe, Diskurse und Sozialfiguren vorgenommen werden: Wer gilt im Bereich der Wissenschaften, Medizin und Technik als „Aktivist“ oder „Aktivistin“? Was ist unter „Aktivismus“ eigentlich zu verstehen, welche verschiedenen Verwendungsweisen lassen sich dabei historisch ausmachen und in welchem Verhältnis steht und stand der Begriff zu dem der Politik bzw. dem des Politischen? Wie verhält sich Aktivismus zu Formen der „Kritik“ oder des „Protests“? Wann und in welchen historischen Konstellationen taucht die Sozialfigur des:r Aktivist:in im affirmativen Sinn als Akteurskategorie auf, und unter welchen Umständen wird der Begriff in pejorativer Absicht verwendet, um das Gegenüber zu diskreditieren und ihm mangelnde Distanz und Objektivität sowie ideologische Verstrickungen vorzuwerfen? Und seit wann kann man überhaupt von „Aktivismus“ in Wissenschaft, Medizin und Technik sprechen? Lässt sich der Begriff fruchtbringend auf diverse historische, auch vormoderne Praktiken politischen Handelns anwenden, die auf gesellschaftliche Veränderung abzielen? Welche Effekte und neue Einsichten ergeben sich daraus, wenn man historische Akteur:innen der Vormoderne als „Aktivist:innen“ versteht?
Ein zentraler Aspekt im Verhältnis von Wissenschaft und Aktivismus betrifft die Frage der Beteiligung neuer, häufig lange marginalisierter und/oder gänzlich aus dem wissenschaftlichen, medizinischen oder technischen Diskurs ausgeschlossener Wissensproduzent:innen, zu denen indigene Gemeinschaften und Patient:inneninitiativen ebenso gehören wie (öko)feministische Kollektive oder migrantische Gruppen, um nur einige Beispiele zu nennen. Auf der Jahrestagung sollen die historischen Bedingungen unter denen, sowie die konkreten Mittel, mit denen jene Akteursgruppen um Eingang in den wissenschaftlichen, medizinischen und technischen Diskurs kämpften, diskutiert werden. Von Interesse ist dabei auch die Frage, welche Kritik jene Akteur:innen an den Wissenschaften und ihren Erkenntnisprozessen formulierten und welche Neusortierungen epistemischer Autorität damit einher gingen.
Das Rahmenthema soll zudem Gelegenheit zur Selbstreflexion der gegenwärtigen Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichtsschreibung bieten. Welche methodischen, theoretischen und historiographischen Herausforderungen und Möglichkeiten ergeben sich durch die Einbeziehung jener neuen Akteursgruppen? Diskutiert werden soll dabei nicht nur, wie sich der Umgang der Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte mit Aktivismus und Aktivist:innen darstellt, sondern auch, wie sich unsere Disziplinen zu den seitens der environmental humanities, der gender, postcolonial oder disability studies bereits seit mehreren Jahrzehnten programmatisch formulierten Bekenntnissen zu „engagierter“ und „mission-driven“ Wissenschaft und der dazugehörigen Selbstbeschreibung von Forschenden als „scholar activists“ verhalten.
Erwünscht sind Einzelbeiträge ebenso wie Bewerbungen für ganze Sektionen. Vorträge sollen nicht länger als 20 Minuten dauern. Sektionen bestehen entweder aus vier Vorträgen oder drei Vorträgen mit Kommentar und umfassen inkl. Diskussion 120 Minuten. Um dem kontroversen Thema gerecht zu werden, sind diesmal auch Bewerbungen für „Roundtables“ – Podiumsdiskussionen von max. 5 Teilnehmenden, die schrittweise dem Publikum geöffnet werden – möglich.
Bitte reichen Sie Abstracts von etwa einer halben Seite Länge über unser Einsendeformular auf [www.gwmt.de](http://www.gwmt.de/) ein. Bei Sektionen ist neben den Abstracts der Einzelvorträge eine kurze Einführung in die Sektion einzureichen. Bei gleicher Qualität werden Sektionen, die akademische Generationen überspannen, bevorzugt. Auch Vorschläge für Vorträge und Sektionen, die sich nicht auf das Rahmenthema beziehen, können sehr gerne eingereicht werden.
Bitte reichen Sie Vorschläge bis zum 31.1.2024 über das Online-Einsendeformular auf der Webseite der GWMT ein.
Bitte beachten Sie: Dies ist eine Präsenztagung; Ausnahmen sind ausschließlich zum Zwecke der Barrierefreiheit möglich.
Kontakt: Christina Wessely & Jan Müggenburg, Leuphana Universität Lüneburg, [gwmt24@leuphana.de](mailto:gwmt24@leuphana.de)
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