Monday, 15 June 2020

Call for Papers: Sexualitäten sammeln. Von Körpergeschichten, Beziehungen und grenzüberschreitenden Objekten. Stiftung Deutsches Hygiene-Museum Dresden, 24.02.2021 - 25.02.2021, Deadline 15.07.2020


Wenn von „der“ Pille gesprochen wird, weiß jede/r was gemeint ist. Sex Toys gibt es in Drogerien in unterschiedlicher Ausführung und ohne diskrete Verpackung zu kaufen. Diese und andere Objekte sind im Alltag präsent, prägen Sexualität und sind gleichzeitig Ausdruck sich verändernder Ordnungen des Sexuellen. Im Fokus der Tagung steht die materielle Kultur der Sexualitäten aus sammlungspraktischer Perspektive unter Einbeziehung historischer, kultur- und sozialwissenschaftlicher Forschungen. Das Konzept materielle Kultur verweist auf ein komplexes Netz vielfältiger Mensch-Ding-Beziehungen. Eine genauere Auseinandersetzung mit Sexualitätsdingen ermöglicht es, mehr darüber zu erfahren, inwiefern diese nicht nur ein Niederschlag von sich wandelnden Diskursen um Sexualitäten sind, sondern auch darüber, wie sie einen selbstständigen Beitrag zu Kulturen und Gesellschaften leisten. Mit der Verwendung des Plurals Sexualitäten soll die Vielfalt sexueller Praktiken und Identitäten sichtbar gemacht werden. Sexualitätsdinge begegnen uns als eigensinnige Objekte (Peter Hahn), diskrete Wesen (Peter Geimer) mit mehrfachen Gebrauchsdimensionen und als Akteure in Netzwerken (Bruno Latour). Wir treten mit Sexualitätsdingen in Intra-Aktionen (Karen Barad). Sie machen uns zu Cyborgs (Donna Haraway) und können dabei die Grenzen des menschlichen Körpers und der Geschlechter verschwimmen lassen (Paul B. Preciado) oder auch im doing gender durch Technisierung (Sabine Kienitz) vergeschlechtlichte Körper hervorbringen. Die Nutzung von Sexualitätsdingen schafft Körper-, Geschlechter- und Sexualwissen. Sie verändert Sexual- und Beziehungspraktiken und ist auf das Engste mit Subjektentwürfen verknüpft. Die Tagung „Sexualitäten sammeln. Von Körperpraktiken, Beziehungen und grenzüberschreitenden Objekten“ beschäftigt sich mit verschiedenen Sexualitätsdingen. Mit Verhütungs-, Schutz-, Hilfsmittel sowie mit Sexspielzeug und Medikamenten, die Sexualität und/oder Geschlecht „regulieren“, ebenso wie mit immateriellen Dingen, beispielsweise Zyklusapps. Von besonderem Interesse sind Sexualitätsdinge in Sammlungen. Was findet sich in diesen materiellen Speichern des kulturellen Gedächtnisses (Thomas Thiemeyer) zum Thema Sexualitäten? Nach welchen, historisch jeweils spezifischen Kriterien, wurden und werden Sexualitätsdinge für Sammlungen ausgewählt? Welche Hegemonien und Vorstellungen von Sexualitäten spiegeln sich wider? Wessen Sexualität wird dokumentiert? Welche Leerstellen ergeben sich aus der Sammlungspraxis? Wie lassen sich diese Objekte finden und erschließen? Und: Was macht ein Ding überhaupt zu einem Sexualitätsding? Die Tagung findet am 24. und 25. Februar 2021 am Deutschen Hygiene-Museum in Dresden im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts „Dinge und Sexualität. Produktion und Konsumtion im 20. und 21. Jahrhundert“ im Verbund mit dem Lehrstuhl für Soziologische Theorien und Kultursoziologie am Institut für Soziologie der Technischen Universität Dresden, dem Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin an der Medizinische Hochschule Hannover und dem Schwulen Museum Berlin statt. Das Deutsche Hygiene-Museum verfügt über eine große körperhistorische Objektsammlung, die im Zuge des Teilprojekts „Beziehungsobjekte“ mit Blick auf das Thema Sexualitäten weitergehend erschlossen, erweitert und erforscht wurde. Die Tagung wird die Ergebnisse des Forschungsprojekts mit anderen Forschungsbeiträgen und Sammlungspraktiken ins Gespräch bringen. Angedacht sind Beiträge zu folgenden Themenschwerpunkten: SAMMLUNGSARBEIT MIT SEXUALITÄTSBEZUG Welche Sexualitätsdinge sind in den Sammlungen verborgen? Wann sind welche Objektgruppen in Sammlungen gekommen? Nach welchen Kriterien werden Sexualitätsdinge in Museen und Archiven gesammelt? Spiegeln sich in den Sammlungen Affekte und Tabus wider? Welche Sexualitäten sind sichtbar, welche marginalisiert? Lassen sich Sammlungen queeren? Welche Rolle spielt der Sammlungszusammenhang? Mit welchen Herausforderungen ist die Erschließung dieser Objekte verbunden? Welche Wertungen des Sexuellen finden sich beispielsweise in Thesauri?
DINGE, SEXUALITÄTEN UND PRAKTIKEN Welche Dinge wurden erst durch den sexuellen Gebrauch zu Sexualitätsdingen? Mit welchen Körper- und Sexualpraktiken ging der Gebrauch der Objekte einher? Wie haben Verhütungsmittel die sexuelle Praxis verändert? Wer benutzte überhaupt Sexualitätsdinge und warum? Wie können sie Sexualität beispielsweise für Menschen mit Behinderung zugänglich(er) machen?
DINGE, SEXUALITÄTEN UND WISSEN Welches Körper- und Sexualwissen braucht es, um die Dinge zu benutzen? Wie wird dieses Wissen, etwa durch Gebrauchsanweisungen oder Pornographie, vermittelt? Welches Wissen entsteht durch den Gebrauch? Welche Informationen sind in den Objekten „gespeichert“?
BEZIEHUNGSOBJEKTE Welche Arten von Mensch-Ding-Beziehungen entstehen durch die Nutzung von Sexualitätsdingen? Welche Effekte hat der Objektgebrauch für das Körper- und Selbstverhältnis? Wie wirkt deren Nutzung auf zwischenmenschliche Beziehungen? (Wie) finden sich die Veränderungen und Pluralisierung von Beziehungsformen in Objektsammlungen wieder?
Wir sind besonders interessiert an Beiträgen, welche sich mit den Themen aus einer intersektionalen Perspektive auseinandersetzen und beispielsweise Aspekte wie Migration, Religion, queere Lebensweisen, dis/ability und Klassismus miteinbeziehen. Für die Beiträge ist eine Länge von 20 Minuten mit anschließender Diskussion vorgesehen. Ergebnisse der Tagung werden mit einer Publikation dokumentiert. Die Tagungssprache ist Deutsch, englischsprachige Beiträge sind aber ebenso willkommen. Reise- und Unterbringungskosten werden übernommen. Auch eine Aufwandsentschädigung ist vorgesehen. Wir ermutigen besonders auch Nachwuchswissenschaftler/innen und Museumspraktiker/innen, die erst in den letzten Jahren begonnen haben, in diesem Feld zu arbeiten, sich zu bewerben. Die Tagung findet im Tagungszentrum des Deutschen Hygiene-Museums statt. Der Veranstaltungsort ist inklusive Toiletten rollstuhlgerecht und es gibt eine induktive Höranlage im Tagungsraum. Es wird darüber hinaus ein Konzept zur Zugänglichkeit der Tagung erarbeitet, mit dem wir versuchen werden, die Bedürfnisse der Referent/innen im Rahmen unserer Möglichkeiten zu berücksichtigen. Wir bitten um die Zusendung von Abstracts für 20-minütige Beiträge in einem Umfang von maximal 300 Wörtern begleitet von einem kurzen CV bis zum 15. Juli 2020 per Email an rebekka.rinner@dhmd.de. Konzeption und Organisation der Tagung: Maria Bühner, Rebekka Rinner und Katja Töpfer

KONTAKT

Rebekka Rinner Lingnerplatz 1 01069 Dresden
rebekka.rinner@dhmd.de

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